Am Freitag, den 13. (Jänner) begann unser Abenteuer in Vietnam mit einem verschollenen Rucksack auf dem Flughafen. Das Glück hat uns aber schnell wieder eingeholt und der Rucksack tauchte rechtzeitig wieder auf, es war nur ein Weiterleitungs-Problem auf dem Flughafen in Singapur, wo wir nach den Philippinen zwischengelandet waren.

Wir hoffen jeden Tag, dass uns das Glück auch weiterhin erhalten bleibt, denn wir haben uns dazu entschieden ein Motorrad zu kaufen. Gesagt, getan, keine 2 Tage später stand unsere Fake Honda mit sagenhaften 0 km auf der Anzeige (haha!) bereit. Der vietnamesische Garagenhändler schweißte uns auch extra Gepäckträger für beide Seiten und für hinten dazu. Ein kleines Körbchen wurde von Josef auf dem Lenker befestigt – für griffbereite Kamera-Aufnahmen auf dem Weg, und auch ein USB-Ladegerät fürs GPS (Smartphone) wurde noch montiert. Im Laufe der Zeit kamen noch allerlei Basteleien dazu, um genau zu sein drei Mal Kette strammer ziehen lassen, zwei Mal den Hauptständer und zwei Mal den Gepäckträger wieder zusammenschweißen und das Ablaufventil vom Benzin fixieren nachdem wir beim Fahren plötzlich nasse, nach Benzin stinkende Füße bekommen hatten. Achja und wir verlieren Öl. Aber ansonsten ist das Teil wirklich zuverlässig 😉 Was uns viel mehr Sorgen macht, ist der vietnamesische Verkehr. Wir sind ja bisher probeweise in jedem Land zumindest kurz Moped gefahren. Und ja, es war verrückt und chaotisch. Aber Vietnam toppt jede Unvernunft. Eigentlich ist es grob fahrlässig sich hier auf ein Motorrad zu setzen. Gefahren wird rein theoretisch auf der rechten Seite, aber die Realität sieht ganz anders aus. Die einzige Regel ist, der Stärkere hat Vorrang. Am Schlimmsten sind die Busse, die fahren uns übern‘ Haufen, wenn wir nicht aus dem Weg rollen. Wirklich! Von rechts kommen auf autobahnähnlichen (!) Schnellstraßen Fahrzeuge einfach herausgeschossen, ohne zu schauen. Man macht also schonmal eine Vollbremsung von 60 km/h weil man nicht ausweichen kann, da man links von einem Bus überholt wird.

Update vom 30. Jänner: Wir haben das Hinterrad flicken lassen, weil das Rad schon so geeiert hat. Der Schrauber hatte aber wohl zu kleine Kugellager besorgt und hat dann vor unseren erstaunten Blicken einfach eine alte Konservendose genommen, ein Stück davon abgeschnitten und es zwischen Kugellager und Halterung geklemmt (mit dem Hammer). Das Resultat kam 50 km später als das ganze Teil auseinander brach. Auf halber Strecke zwischen zwei Städten im Nirgendwo und ausgerechnet am Tet Feiertag (chinesisches Neujahr) an dem niemand arbeitet. Jetzt sitzen wir hier erstmal fest und haben Zeit die nächsten Tage ausgiebig zu planen.

Vom Motorrad-Thriller mal abgesehen verlief die Reise bisher wunderbar. Wir durften schon einige spektakuläre Wasserfälle anschauen, zwei Floating Markets, die Stadt Ho Chi Minh, eine schockierende Fotoausstellung des Vietnamkrieges und dazu noch die Cu Chi Tunnel, in denen sich die Rebellen damals über 20 Jahre lang  versteckt hielten. Geschichtlich gesehen ist Vietnam sehr spannend. Die Viets sind vom Krieg gebeutelt, aber sie sind ein stolzes Volk, stolz darauf den Krieg gegen die Amis gewonnen zu haben.

Zum Tet-Fest waren wir in der historischen Handelsstadt Hoi An. Die ist zu dem Anlass voll mit Laternen und strahlt damit eine ganz besondere Atmosphäre aus. Die Vietnamesen kommen alle nach Hause zum ältesten Familienmitglied und es wird gegessen und Karten gespielt. Es wird auch oft ein Tisch für die Götter gedeckt und Räucherstäbchen angezündet. Die Familien ziehen sich extra schick an und fahren an schöne Gegenden um Fotos zu machen. Bei diesem Anlass haben wir eine besondere Familie kennengelernt. Die 4 Töchter und die Mutter waren alle in traditionellem vietnamesischen Gewand gekleidet, dass an japanische Kimonos erinnert. Josef konnte es natürlich nicht lassen auch Fotos zu machen und wir kamen, auch wegen dem Bollenhut, ins Gespräch. Schließlich wurden wir zum Mitfeiern zu ihnen nach Hause eingeladen. Dort erfuhren wir mehr über den familiären Hintergrund, der uns sehr erschüttert hat.

Die Mutter hatte im Krieg als Teenager ihr rechtes Auge verloren. Völlig verzweifelt ihres entstellten Gesichtes wegen wollte sich die junge Frau das Leben nehmen. Ihre Mutter konnte sie jedoch davon abhalten und fortan kämpfte sie für die kommunistische Partei. Sie übernahm Spionageaufträge und überbrachte geheime Botschaften. Ihren Mann lernte über dessen Schwester kennen und arrangierte sich mit einer Partnerschaft, da sie noch Kinder haben wollte. Es war nicht leicht für sie, denn ihr Mann kam aus dem anderen politischen Lager und hasste die Kommunisten. Er war seit dem 12. Lebensjahr blind, unterrichtete Braille-Schrift und arbeitete auch für die Regierung. Die Frau kam sogar für 5 Jahre ins Gefängnis und wurde dort geschlagen und misshandelt, damit sie ihre Geheimnisse verriet. Als ihr Mann starb musste sie alleine für ihre 4 Töchter sorgen und konnte trotzdem alle auf die Schule und Universität schicken. Eine ihrer Töchter heiratet dieses Jahr und zieht zu ihrem Mann nach Frankreich. Die Mutter findet das aber überhaupt nicht schlimm, sondern freut sich wahnsinnig für sie. Trotz der Jahre konnten wir in ihren Erzählungen den Schmerz heraushören. Das Leben hat sie hart gemacht aber keine der Umstände konnte sie brechen. Wir können diese Frau für ihren Lebenswillen und ihre Kraft nur bewundern.

In der Hoi An Region befinden sich auch die Marble Mountains. Das sind Berge/Hügel, auf denen Mönche leben. Sie haben dort zahlreiche buddhistische Tempel errichtet, viele innerhalb von den natürlichen Höhlen, die es in den Bergen gibt. Das ganze Gelände ist frei zugänglich. Hier verbrachten wir einen wunderbar ruhigen, entspannten Tag. Die Gärten der Mönche sind wunderschön und gut gepflegt mit Blumen, Pflanzen und Wasserstellen. Und die Höhlen sind wirklich spektakulär.

Nach einem etwas anstrengenden Ritt weiter Richtung Norden kamen wir in Ninh Binh an. Das Motorradfahren macht schon echt Spaß, allerdings nur, wenn es nicht regnet und vor allem auch dann, wenn man an der Küste entlang fährt, wo die Landschaft so schön ist, dass man am liebsten alle paar Minuten stehen bleiben will. Weiter Nördlich fuhren wir viel über die Schnellstraßen, um schneller voranzukommen. Da wars dann landschaftlich eher langweilig. Ninh Binh ist ein lohnenswertes Ziel, mit Bergen, die aus einer ansonsten völlig platten Landschaft herausragen. Auf die meisten kann man gar nicht hinaufklettern, was dem ganzen einen mystischen, weil naturbelassenen Charakter verleiht.

Nach einem kurzen Aufenthalt in der Hauptstadt Hanoi, um unser Indien-Visum zu beantragen, fuhren wir nach Cat Ba, einer Insel in der Inselgruppe um die berühmte Halong-Bucht. Cat Ba ist (angeblich) etwas weniger überlaufen, als die Halong-Bucht selber, aber genauso schön. Wir würden wieder hinfahren, aber seht selbst:

Wenn wir bisher dachten, dass wir schon eine wunderschöne Reise durch Vietnam erlebt haben, dann sollte die kleine Rundfahrt im Norden des Landes der krönende Abschluss werden. Wir fuhren über Bergpässe und durch Täler, durch kleine Dörfer und Ortschaften, in denen die Zeit seit einem halben Jahrhundert stehen geblieben ist. Menschen, junge und alte, kleiden sich in ihrer traditionellen Kleidung und arbeiten alle draußen auf dem Feld, auf der Straße, im Wald, in der Werkstatt. Der Norden ist definitiv eine Reise für sich wert.

Vor allem für Josef war es besonders hart unser heiß geliebtes Motorrad wieder zu verkaufen. Es bedeutete für uns mehr Freiheit und Unabhängigkeit, als wir bisher auf der Reise erlebt hatten. Es gab der Reise auch nochmal einen Inhalt mehr. Unbedingt wollen wir soetwas wieder machen, sei es mit Motorrad oder Auto oder sonst irgendwie. Wir fanden ein deutsches Mädel, die auch richtung Norden unterwegs war und sich drüber freute. Zum Abschluss fanden wir in Hanoi auch noch Egg-Coffee, ein super leckeres Getränk, das eher schon ein Dessert ist. Der vietnamesische Kaffee ist so lecker, dass wir davon etwas nach Hause geschickt haben. Vietnam – wir kommen wieder.